Was geschah vor Altai?
Dies ist der Bericht über eines unserer Akaija-Abenteuer. Bei dieser Reise in den äußersten Süden Russlands ging von Anfang an alles schief, was schief gehen konnte. Es wurde eine Woche des Abkassierens, Hinfallens und wieder Aufstehens…
Wie gehst du mit unerwarteten Ereignissen um? Welche Entscheidungen triffst du, wenn du mit einem weiteren Rückschlag konfrontiert wirst? Es kam alles anders als erwartet.
Unser Plan war es, auf Einladung des Schamanen Akay das größte Schamanenfest der Welt, das El Oyin, zu besuchen und dort den großen Akaija aufzubauen.
Doch das eigentliche Thema könnte man besser als Schamanischen Tod bezeichnen… d.h. Hingabe und lernen auf die Hilfe von Oben zu vertrauen.
Wir wurden immer wieder vor die Wahl gestellt: Aufgeben oder Weitermachen.
Höre auf dein Herz – Krise und Chance

Die Sonnenwende 2014 verbrachten wir in Arkaim, Russland. Wir… das waren, Stepanida, Eliza (Nord-Irland), Marianne, Tomasz (Poland) und ich, Wim. Wir waren dorthin gereist, um für das Akaija in Russland zu werben, und Arkaim schien ein geeigneter Ort dafür zu sein.
Arkaim ist ein bekannter Kraftort in Russland. Interessant für Archäologen und die dort gefundenen Swastika-Symbole, die Arkaim mit der alten arischen Rasse, oder besser gesagt, den Ariern, in Verbindung bringt. Abgesehen davon, dass Hitler mit seinen arischen Übermenschen für einen furchtbaren Beigeschmack gesorgt hat, ist dies eine sehr interessante Tatsache für spirituell orientierte Menschen, da der Grundplan von Arkaim auf die Sterne und astronomischen Zyklen abgestimmt ist.
Außerdem wird in dortigen Kreisen vermutet, dass die Arier außerirdischen Ursprungs sind. Die Mainstream-Archäologie, auf die sich unsere Geschichtsbücher stützen, akzeptiert diese Erklärung jedoch nicht, doch es gibt immer mehr Beweise für die außergewöhnlichen astronomischen Erkenntnisse unserer fernen Vorfahren und sogar für außerirdische Einflüsse, so dass die Geschichtsbücher vielleicht eines Tages umgeschrieben werden müssten.
Dieser Besuch in Arkaim wurde für uns zu einer besonderen viertägigen Reise, bei der viele außerordentlich intensive Erlebnisse so schnell aufeinander folgten, dass wir eine bestimmte Aussage immer wiederholten: What else!? (Was geschieht sonst noch!) Wir stürzten von einer Überraschung in die nächste. Eines dieser Erlebnisse war eine Begegnung, die die Grundlage für diesen Bericht bildet.
Eliza White Buffalo ist ein hellsichtiges Medium und Schamanin aus Nordirland (http://www.elizawhitebuffalo.com). Einer ihrer Geistführer heißt Nicholas Black Elk, einst Heiliger Mann der Lakota-Indianer. Er wurde bekannt als der erste Schamane oder heilige Mann der Indianer, der das Christentum annahm. Nicht, dass er seine Herkunft und seinen Glauben verleugnete, doch er sagte: ‚Meine Kinder müssen in diesem Land leben!
Am Tag, nachdem wir das große Akaija auf einem der heiligen Hügel in Arkaim aufgestellt hatten – ein Erlebnis, das für mich zu den intensivsten Momenten in meinem Leben gehört –, saßen wir vier in dem kleinen Restaurant in Arkaim. Eliza war durch das Gespräch, das wir führten, in einen bestimmten Modus geraten, in dem sie manchmal Dinge übermittelt bekommt. Plötzlich fing sie an, etwas über jemanden zu sagen, den sie offenbar gesehen oder als anwesend empfunden hatte, und sie fragte mich, ob das vielleicht mein Vater sein könnte. Auf jeden Fall hätte er mit mir zu tun, das spürte sie. Sie fragte, ob mein Vater große Ohren hatte, oder große Ohrläppchen. Ich dachte darüber nach, war mir aber nicht sicher. ‚Nicht wirklich,‚ antwortete ich, ‚Doch ich weiss es wirklich nicht.
Es schien tatsächlich um meinen Vater zu gehen. Doch dann sagte sie: ‚Er macht eine Geste! Er macht ‚das’ mit seinem Ohrläppchen‚… und sie fasste sich an ihr eigenes Ohrläppchen, zog es nach vorne und wiederholte damit eine Geste, mit der mein Vater offenbar etwas ausdrücklich zeigen wollte. So etwas wie ‚Hör gut zu‚! Es könnte aber auch sein, dass er damit meinte, dass er wirklich große Ohren hatte. Doch dass sie so groß waren, dass ich ihn daran erkennen konnte, war mir nicht klar.
Wir haben es also nicht verstanden, doch wir haben es auch nicht vergessen. ‚Irgendwann werden wir es verstehen,‚ sagten wir uns. Schön zu erwähnen ist, dass ich, als ich beim Schreiben dieses Artikels ein Foto meines Vaters ansah, entdeckte, dass seine Ohrläppchen doch bemerkenswert größer waren, als ich als Kind gesehen habe :-).
Als wir aus dem Restaurant gingen, kam Marianne als letzte. Wir hatten uns schon an den Eiskiosk gestellt, weil wir ein Eis essen wollten. Marianne wurde jedoch aufgehalten. Wenig später kam sie heraus und sagte uns, wir sollten sofort kommen. Sie sei mit jemandem zusammen-gestoßen, erzählte sie uns, obwohl es sich anfühlte, als sei sie gegen jemanden gestoßen worden. Sie hatte sich mit ‚Excuse me’ entschuldigt, doch das macht man in Russland nicht.
Dort sagt man ‚Извените‘ (izvenitje). Dieser Mann sprach jedoch Englisch, und so kamen sie ins Gespräch. Er fragte, was sie hier mache, und sie erklärte, dass wir am Abend zuvor ‚dieses‚ große Akaija aufgebaut hätten.
‚Was sagst du da?!‚ fragte der Mann. ‚Akaija? Du musst jemanden kennenlernen!
Wie sich herausstellte, gehörte dieser Mann auch zu einer Gruppe aus dem Altay, und der Anführer seiner Gruppe war ein Schamane, der auf den Namen ‚Akay‚ hörte.
Innerhalb weniger Minuten hatten wir die halbe Terrasse mit zusammengeschobenen Tischen und Stühlen eingenommen und sprachen darüber, woher wir kamen und was wir hier taten. Akay war ein Schamane des Altay (eine Region zwischen der Mongolei, Kasachstan, China und Russland), vielleicht sogar eine Art Anführer, das konnten wir damals noch nicht herausfinden. Sein Name kann auf Russisch unterschiedlich ausgesprochen werden, je nach dem grammatikalischen Kontext des Satzes, in dem er verwendet wird. Auf seinem Blog oder seiner Website http://www.akaikine.ru kann man lesen:
‚Официальный блог Акая Кине‚.
Übersetzt ins richtige Deutsch heißt es: Offizieller Blog von Akay Kine. Sein grammatikalisch nicht zusammenhängender Name ist jedoch Акай Кине (phonetisch: Akay Kienje). Doch weil dort ‚Blog von…‚ steht, schreibt man auf Russisch Акая Кине (phonetisch: Akaija Kienje). Das Я wird im Russischen als ‚ja’ ausgesprochen und wird oft als Endung von konjugierten Namen verwendet. Übrigens, als eigenständiges Wort bedeutet Я im Russischen ’ich’. Wenn du also sagst ‚Я Акай‚, sagst du: ‚Ich bin Akay‚, denn Russen lassen manchmal Verben aus. Man kann seinen Namen also tatsächlich so schreiben und auch so aussprechen: Akaija.
Und Stepanida berichtete anschließend: ‚Hast du seine Ohrläppchen gesehen? Die sind sehr groß und zeigen fast nach vorne!‚
Akay war hierher gekommen, weil er wusste, woher auch immer er es hatte, dass er auf bestimmte Menschen treffen würde, die für ihn wichtig sein oder werden würden, einige der 9 Brüder aller Rassen, die er suchen ‚sollte’. Das war ein spiritueller Auftrag den er übernommen hatte. Jetzt wusste er, dass er einen der Brüder gefunden hatte. Das Ende der Geschichte war, dass Akay uns einlud, nach Altai zu kommen, am besten gleich am nächsten Tag, zu einem besonderen Schamanenfest, das ‚El Oyin. Doch das gestaltete sich ein wenig schwierig. Visa und Flugtickets und all das…
Also verschoben wir unsere Reise. Daher dieser Bericht ein Jahr später… unsere Reise nach Altai. Doch diese Reise verlief ein wenig anders als geplant. Von Anfang an verlief alles anders als geplant. Im Nachhinein betrachte ich diese Reise als eine Art Einweihung… und Einweihungen sind Nichts alltägliches… 🙂
Am Anfang hatte Marianne sich sehr darauf gefreut, mitzufahren, doch im Laufe des Jahres änderte sich das und sie hielt nicht mehr viel davon. Am liebsten wäre sie gar nicht mitgefahren. Alles Mögliche war unklar, passte nicht zusammen, es gab zu wenig Kontakt, die Antworten aus Russland waren unvollständig, usw. Außerdem war der Gesundheitszustand ihrer Mutter nicht optimal, und nachdem ihre Mutter im letzten Winter sogar mehrere Anfälle von Herzrhythmusstörungen erlitten hatte, mit kurzfristigen Krankenhausaufenthalten zwischendurch, war für sie klar: Kein Altai für sie, irgendwo in Südsibirien, nicht wissend, wie lange ein eventueller Rückflug dauern würde, wenn es nötig wäre. Auch Eliza brach ab, doch das hatten wir, ehrlich gesagt, schon kommen sehen. Sie wollte es wirklich, aber wir wussten, dass es für sie im Moment nicht möglich war. So blieben Stepanida und ich übrig, und möglicherweise Tomasz aus Polen
Was ist mit Akay?
Er hatte uns eingeladen. Wie verbindlich war diese Einladung wirklich? War es nicht eine übertriebener enthusiastische Vermutung ohne wirkliche Substanz, wie es oft der Fall ist, wenn man sich zum ersten Mal im Ausland unter besonderen Umständen trifft?
Wir bekamen nicht viel Klarheit darüber. Durch einen Mitarbeiter seiner Firma in Arkaim, der in Moskau lebte, wurden die E-Mails übersetzt, doch wenn wir 10 Sätze schrieben, kamen höchstens ein paar Worte zurück. Ziemlich kurz also, aber immerhin waren es Antworten auf die meisten unserer Fragen. Ein Einladungsschreiben für unser Visum wurde problemlos verschickt, auch mehrere Änderungsanträge dazu kamen problemlos an. Offenbar funktionierte dort alles einwandfrei, doch ein bisschen mehr Kommunikation wäre schön, wenn man sich auf eine so große Reise in ein unbekanntes Land, bzw. Gebiet vorbereiten muss.
Stepanida riet mir dringend, nicht zu lange zu warten, wenn ich das wollte. Ein weiteres Jahr zu warten, könnte eine Verschiebung bedeuten. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, dachte sie. Und um ehrlich zu sein, konnte ich ihr nicht widersprechen – so ist es oft im Leben. Also hieß es: jetzt oder nie.
Marianne hatte kein Problem damit, oder zumindest sagte sie mir, dass sie kein Problem damit hätte. Ich sollte mich von ihr nicht aufhalten lassen. Wenn das unser Gefühl sei, dann müssten wir das unbedingt tun. Auch wenn das eine schöne Reise ins ferne Altay in Begleitung einer anderen Frau bedeutete. Das ist schon was!
Auch Tomasz hatten wir gebeten, mitzukommen. Er war sehr interessiert, konnte aber leider nicht und sagte ab. Das war ein Rückschlag, denn er hatte sich in Arkaim als besonderer Freund und hervorragender Dolmetscher erwiesen und wäre uns im Kontakt mit Akay, der kein Wort Englisch sprach, sehr nützlich gewesen.
Doch wir ließen uns nicht aus der Ruhe bringen … das Gefühl war ‚wir müssen gehen’ und so gingen wir. ‚Auf sein Herz hören‘ heißt das, und das sage ich auch heute noch manchmal anderen Menschen, wenn sie Zweifel haben.
Lasst mich das also auch tun: auf mein Herz hören!
Gorno-Altaysk
Altai ist uns, und ich nehme an, auch vielen spirituell orientierten Menschen in Westeuropa als Wiege des russischen/sibirischen Schamanismus bekannt. Es heißt sogar, dass die Indianer Nord- und möglicherweise auch Südamerikas ihre Wurzeln in Sibirien haben. Altai hat in Russland mehrere Bedeutungen. Man kann von der Provinz oder Oblast ‚Altai‘ sprechen, aber auch von der ‚Republik Altai‚, die sich auf eine Reihe von Unterregionen bezieht, doch nicht genau dasselbe Gebiet meint.
Nicht destotrotz handelt es sich um ein Gebiet von der vier- oder fünffachen Größe der Niederlande, in dem etwa 2,7 Millionen Menschen leben, von denen fast alle russischer Herkunft sind, wie der ‚Durchschnittsrusse’ so zu sagen pflegt. Die Ureinwohner, die Altayski (die Altaier), leben jedoch in einem Gebiet, das auch über die Grenzen Russlands hinausreicht. Diese Menschen sehen deutlich anders aus, eher mongolisch, etwas dunkler und etwas kleiner, mit Augen, die sich schneller verengen und manchmal sogar schräg nach oben gerichtet sind. Es handelt sich um eine Vier-Länder-Region mit Russland im Norden, China im Süden, Kasachstan im Westen und der Mongolei im Osten, etwa auf demselben Breitengrad wie Deutschland. Die Altai-Region in Russland beginnt dort, wo die flachen russischen Steppen und Felder in bewaldete Hügel übergehen, mit Bergen von der Höhe der Alpen im Süden. Um dorthin zu gelangen, braucht man laut Google Maps 72 Stunden mit dem Auto, über leere Straßen und ohne Umwege, ohne Pausen und eine Entfernung von 6156 Kilometern.
Wir haben das Flugzeug genommen.
Der Flug dorthin, mit einer 11-stündigen Zwischenlandung in Moskau (was für ein Beton aus der Luft!), verlief gut, abgesehen von einem brüllenden Kind, das einfach nicht zur Ruhe kommen konnte. Schlafen war also nicht einfach. Als wir am frühen Morgen am Flughafen von Gorno-Altaysk ankommen, stellen wir fest, dass dies ein kleiner Flughafen ist, somit die Ankunft einer 747 ein Erlebnis! Das Laufband beginnt, doch hinter der Wand hören wir das Klappern von Schläuchen, und es scheint, als hätte jemand unser sorgfältig zusammengeschnürtes Paket von Schläuchen aus dem großen Akaija herausgelöst. Das hört sich nicht gut an! Liegen nun jetzt alle Schläuche lose herum? Doch 10 Minuten später kommt das Akaija auch über das letzte Laufband, unversehrt! Das erspart zum Glück ein peinliches Gespräch auf Russisch.
Da niemand wartet, der uns bekannt vorkommt, gehen wir mit unserem ganzen Gepäck und dem großen Akaija nach draußen und finden eine Bank auf dem Parkplatz vor dem Eingang. Dann kommt jemand auf uns zu und stellt sich als einer von Akay’s Söhnen vor. Er hat ein großes schwarzes Auto dabei und fährt uns zu Akay’s Haus, wie wir annehmen. Das Gespräch kommt wegen der Sprachbarriere einfach nicht in Gang, doch wir verstehen halbwegs, dass er uns fragt, wo unser Hotel ist.
Hoppla… Das haben wir nie besprochen.
Akay hatte uns doch eingeladen, nicht wahr? Später sogar in einer E-Mail. Wir waren willkommen, sogar 5 Personen, usw. Er hat ein großes Haus, sonst lädt man doch keine 5 Leute ein? Also brachte uns der liebe Sohn zuerst zum Haus seines Vaters. Doch wir spürten schon: vermutlich haben wir jetzt ein Problem.
Wir betreten das Wohnzimmer, in dem kleine Kinder hinter einem Großbildfernseher Kriegsspiele spielen, einige Frauen herumlaufen und sich jemand als Sweta (Света), die Frau von Akay, vorstellt. Wir wissen nicht einmal genau, wer seine Frau eigentlich ist, doch das wird sofort klar. Und diese beiden Kinder sind seine Enkelkinder. Die andere Frau ist eine seiner Schwiegertöchter.
Doch niemand spricht Englisch. Stepanida spricht zum Glück ein kleines bisschen Russisch und wird nun ins kalte Wasser geworfen, um zu erklären, was wir hier unerwartet tun. Sie wussten also schon, dass wir kommen würden, da wir am Flughafen abgeholt wurden, doch nicht, dass wir in ihrem Haus vorbeikommen würden! Und… wo ist Akay überhaupt? Müsste er nicht schon längst hier sein? Eigentlich haben wir ihn am Flughafen erwartet.
Doch wir sind müde. Sind heute Morgen um 3 Uhr aufgestanden, haben letzte Nacht im Flugzeug auch kaum geschlafen und jetzt ist es schon wieder Morgen. Wir setzen uns auf ein Sofa und warten. Die Kinder spielen fröhlich weiter und in der Küche wird alles Mögliche erledigt, vor allem Telefonate, wie es sich anhört. Währenddessen frage ich mit dem Computer in der Hand nach einem Code für den Internetzugang und zeige auf das leere Feld des Netzwerkpassworts.
Wozu Russisch lernen? So macht man das doch! Kein Problem also, und wenig später schreibe ich eine E-Mail an Marianne, die glücklicherweise schon aufgestanden ist und am Computer sitzt und sofort anfängt, nach Hotels in Gorno-Altaysk zu suchen.
Wenige Augenblicke später gibt es schon die ersten Ergebnisse. Schau mal… das ist ja praktisch! Die Heimatfront ist in vollem Gange, und im Handumdrehen ist alles geregelt, egal wo auf der Welt man sich befindet. Doch ich schreibe Marianne zurück, dass jetzt jemanden mit einer Tüte belegter Brötchen vor uns im Zimmer vorbei kommt, so dass möglicherweise das Frühstück auf dem Tisch stehen wird. Offenbar ist die Schwiegertochter zur Bäckerei oder zum Supermarkt gelaufen, um den Gästen aus den Niederlanden etwas zu essen zu bringen. Wir verstehen es nicht, doch die Frauen werden sich schon etwas dabei gedacht haben.
Gerade eben haben wir den Sohn gesehen, der uns vom Flughafen abgeholt hat, und er läuft jetzt hier im Zimmer herum. Doch hat er sich denn umgezogen? Stepanida und mir fällt etwas an ihm auf, denn er sieht doch aus wie jemand anderes. Wir schauen uns an und zucken mit den Schultern: ‚Ich verstehe das nicht.‚
Wenig später sehen wir zwei von ihnen gleichzeitig durch den Raum laufen und wir sehen uns wieder an: ‚Zwei Söhne also, Problem gelöst.‚
Und wir verstehen, dass die beiden kleinen Kinder zum Sohn Nummer 1 gehören.
Dann werden wir eingeladen, uns an den Tisch zu setzen. Es gibt etwas zu essen, nach russischer Art, also eine Schüssel mit körnigem Hüttenkäse und saurer Sahne, eine Schüssel mit Reis, Brötchen, die einfach nicht den Geschmack haben, den wir gewohnt sind, und natürlich Tee und Kaffee. Es gibt auch etwas Gebackenes, so dass es uns an nichts mangelt.
Mit Hilfe des Computers, des Internets und Google-Translate kommen wir jetzt ein ganzes Stück weiter, also machen wir uns an ‚die Konversation‚. Die Schwiegertochter hat viel Geduld, und jetzt werden die Dinge allmählich klar. Doch wir müssen die Sätze ‚einfach’ halten, sonst wird die Übersetzung sehr verwirrend. Wir fragen zum Beispiel, ob das große Akaija im Auto bleiben kann, wenn wir zum Hotel gebracht werden. Das spart doch eine Menge Schlepperei, also schien das eine gute Frage zu sein.
Die Schwiegertochter schaut verwirrt und versteht uns nicht, also fängt sie an zu tippen. Doch ich bleibe bei meinem Beitrag, denn auch mit Rückübersetzung sieht es richtig aus, ‚Big Akaija’ ist ‚Большой Акай’, ausgesprochen als: Bolshoi Akay.
Dann fragt sie Sweta, die plötzlich laut zu lachen beginnt. ‚Das ist nicht dein Schwiegervater! Das ist dieser Haufen Rohre im Auto!‚
Aber dann hörten wir das nächste Problem: ‚Akay kommt erst am Dienstag.‚
Was, Dienstag? Da müssen wir schon fast wieder nach Hause fliegen! Heute ist Donnerstag. Houston! Wir haben ein Problem!
Unsere Lage wird immer schwieriger, denn wenn Akay nicht hier ist und wir offensichtlich nicht hier im Haus ankommen sollten, was wurde dann für unsere Ankunft vereinbart? Seufz. War es wirklich ein so guter Plan, hierher zu kommen?
Kurze Zeit später bringt uns Sohn 1 zum Hotel. Für 40 Euro in Rubel haben wir ein bolshoi Ballsaal-ähnliches Zimmer mit zwei sehr großen Betten und auch sonst ist alles groß und luxuriös. Ein gutes Hotel! Wir machen uns bereit, erst einmal eine Weile zu schlafen.
Skype hat nicht funktioniert, weil man sich nicht von zwei Orten aus mit einem Account einwählen kann, doch das Problem haben wir schnell gelöst. Marianne war also für einen gemütlichen Moment da über Skype. Nur meine Kopfschmerzen gehen bei der Hitze hier nicht so leicht weg. Draußen ist es warm, drinnen ist es warm, und wie in Russland üblich, ist auch hier die Heizung gerade an.
Grund: sie kann nicht abgestellt werden. Blockheizung bedeutet hier, dass die Heizung von dem Moment an an ist, in dem die Häuser da sind. Thermostat? Nie davon gehört. Wenn dir heiß ist, mach ein Fenster auf. Kein Wunder, dass sie Öl exportieren.
Stepanida und ich unterhalten uns, während wir in der nahe gelegenen Stadt spazieren gehen, um uns zu akklimatisieren, ein paar Einkäufe machen und… dazu gehört ein Becher Russische Schokoladen-milch. Und das aus gutem Grund, denn Russische Schokolade ist etwas anders als das, was in niederländischen Restaurants üblich ist: erwärmte Schokoladen-milch aus der Flasche.
Russische Schokoladenmilch wird aus dunkler Schokolade hergestellt, und jedes Restaurant hat sein eigenes Rezept. Die Schokoladenmilch, die ich hier zeige, ist stark! Ich vermute, dass diese Tasse nichts anderes als geschmolzene Schokolade enthält, 90% Zartbitter. Solche Schokolade wird mit einem Glas Wasser serviert… um sie herunterzuspülen.
Dann gehen wir schlafen. Schließlich ist so eine Reise sehr anstrengend. Wir haben ein Bett, wir haben Essen, doch wir können nicht aufhören, darüber zu reden, dass wir jetzt versuchen wollen, zu retten, was von dieser Reise noch zu retten ist, denn wir sind auf Akay’s Einladung hierher gekommen. Doch er ist nicht da und wird es auch noch eine Weile nicht sein.
Also… Was machen wir hier?
Diese Frage verwandelt sich allmählich in die Erkenntnis: Was können wir jetzt tun?
Anpassen, mit anderen Worten. Auf dem Gepäck rumsitzen hilft nicht weiter, also lautet die Devise: Mach, was du kannst!
Es wird vereinbart, dass wir am nächsten Tag bei Akay frühstücken und dann mit Sweta zum Festival in Turochak fahren werden. Das kommt mir gar nicht so bekannt vor, denn wir waren für das nächste Wochenende zu einem Schamanenfestival eingeladen worden. Wir hatten ausdrücklich per E-Mail danach gefragt, und dieses Fest hatte bereits gestern bei unserer Ankunft begonnen, obwohl es noch mitten in der Woche ist. Seltsam, denn wir hatten es so verstanden, dass es erst morgen beginnen würde. Also gut, es wird schon gehen. Sweta wird alles arrangieren, Transport, Akaija, Zelt und Essen.
Stepanida geht es gut. Wir nehmen Rückschläge hin und machen das Beste daraus. Nicht jeder kann damit umgehen, doch es macht den Unterschied zwischen Opfer sein, die Nase voll haben.… Oder sich aufraffen und zur Tat schreiten. Bei uns klappt das sehr gut.
Um 9 Uhr stehen wir mit Koffern am Eingang des Hotels bereit. Sweta kommt pünktlich, und wenig später sitzen wir wieder an ihrem Tisch. Die Kinder spielen erneut ihre Kriegsspiele hinter dem Fernseher, so wie sie es in fast jedem Haus auf der Welt tun könnten. Das ist auch in Süd-Siberien nicht anders, und diese Kinder haben einen königlichen Fernseher mit den neuesten Spielen. Stepanida hat ein Paar holländische Klompen für Akay und Schaumstoff-Klompen für die Kinder mitgebracht, und ich habe ein goldenes Suzy-ama für Sweta dabei. Diese Geschenke werden mit großer Dankbarkeit angenommen, und seither sehe ich Sweta jeden Tag mit dem Suzy-ama um den Hals. Die Kinder sehen beeindruckend aus, wenn sie mit ihren Holzschuhen hinter dem Fernseher stehen und Krieg spielen.